Wir müssen zugestehen, dass wir die SNB letzte Woche falsch eingeschätzt haben. Wir sind aber immer noch der Meinung, dass eine Zinserhöhung notwendig gewesen wäre. Wir sind jedoch erstaunt über die Argumentation der SNB.

Sie liess die Zinsen unverändert, obwohl ihre bedingte Inflationsprognose weiterhin ein Wiedererstarken der Inflation deutlich über 2% vorsieht. Für uns gibt es drei mögliche Interpretationen:

  • Das Direktorium glaubt nicht an diese Prognosen, da sie denkt dass der konjunkturelle Einbruch viel tiefer wird und damit auch die Inflation nicht wieder so stark ansteigt und wartet die nächsten Monate mal ab.
  • Sie möchte etwas höhere Inflationserwartungen der Marktteilnehmer zulassen (dies würde mittelfristig zu höheren langfristigen Zinsen führen…)
  • Finanzstabilitätspolitische  oder politische Gründe

Sie erhielt von vielen Seiten Lob für diesen Entscheid. Die Immobilienbranche jubelt bereits. Die SNB betonte zwar, dass noch weitere Zinserhöhungen möglich sein können. Doch dies kaufen ihr die meisten Banken- und Versicherungsökonomen nicht ab. Der Konsens der Ökonomen sieht nun den Peak des Zinserhöhungszyklus bei 1.75%. Die Futures preisen aktuell auch keine weitere Zinserhöhungen ein.

Mit der Analogie zu Arthur Burns, der den temporären Rückgang der Inflation in den USA in der 70er Jahren mit einer expansiven Geldpolitik begegnet hatte, sind wir wohl noch etwas verfrüht. Geldpolitik muss aber forward-looking sein. Geht man von einem erhöhten strukturellen Inflationsdruck aus für die nächsten Jahre, ist der aktuelle Zinssatz unserer Ansicht nach weiterhin zu tief. Eine Nichttätigkeit jetzt dürfte die Notwendigkeit höherer Zinserhöhungen in der Zukunft mit sich bringen. Der Rückgang der Inflation in den vergangenen Monaten, ist auch das Resultat verzögerter inländischer Inflation (Mieten, Strompreise etc.) und natürlich der Aufwertung des CHF.

Wir sind nicht nur der Meinung, dass inflationäre Herausforderungen noch bevorstehen, sondern denken auch (ähnlich zu den SNB-Inflationsprognosen), dass die Inflationsraten aktuell wohl ihren Tiefpunkt erreicht haben und die nächsten Monate wieder  ansteigen dürften. Der Schweizerfranken hat sich bereits deutlich zufolge des Entscheides abgeschwächt, während die Rohstoffpreise wieder im Anstieg sind (Basiseffekte für die Energiepreise sind im September wieder inflationär…). Ist dies wirklich was man will, ein schwächerer CHF im Umfeld von steigenden Commodity-Preisen? D.h. sehr viel spricht dagegen, den Inflationsdrachen als besiegt zu betrachten.

Für Zins- und Zinsfuture Märkte bislang ein Non-Event

Die Schweizer Zinskurve hat wenig substantiell auf den Entscheid reagiert. Die Zinsen auf 10jährigen Staatsanleihen befinden sich weiterhin zwischen 1.05-1.1%. Die Zinsfutures sehen den Pfad der kurzfristigen Zinsen für die nächsten Jahre bei 1.5%-1.75%, d.h. der Trend zu einer Zinssenkung ab Q4 2024 wird erwartet, aber ist aktuell nicht vollständig eingepreist. Weiterhin ist aber die CHF-Futures-Zinskurve eher flach auch insbesondere im Vergleich mit dem Ausland. Die 5-jährigen Swapsätze sind etwas runtergekommen, bleiben aber zwischen 1.7%-1.8%. In dem Band haben sie sich bereits seit Juli bewegt.

Immobilienfinanzierungen: Saron und Fixhypotheken ähnlich teuer, Fokus auf die Marge

Für Immobilienfinanzierung bedeutet dies keine grössere Änderung der Situation gegenüber vor dem Zinsentscheid. Aktuell bewegen sich die Zinssätze für Saron-Finanzierungen wie 5-jährige Fixhypotheken in ähnlichen Bandbreiten. Diejenigen die nun Hypothekarverpflichtungen refinanzieren müssen, sind weiterhin mit deutlich höheren Zinskosten konfrontiert unabhängig von der Wahl der Strategie (kurz- oder langfristig).

Die optimale Refinanzierungsstrategie im aktuellen Umfeld hängt von der makroökonomischen Erwartungen ab. Folgt man dem „Konsensszenario“ der Banken- und Versicherungsökonomen, dann dürfte aufgrund allfälliger Zinssenkungen wohl für die nächsten 5 Jahre eine kurzfristige Finanzierung vorteilhafter sein. Glaubt man unserer Einschätzung, dann dürften sowohl Saron- sowie Swapzinssätze in den nächsten Jahren nochmals ansteigen. Obwohl wir eine solche Entwicklung erwarten, sind wir nicht sicher, ob nicht die langfristigen Zinsen temporär runterkommen, da sich Deutschland (und auch andere Teile von Europa) in schwerwiegenden ökonomischen Problemen befindet und dies zu Risk-off in Finanzmärkten führen könnte. Deshalb macht es Sinn, flexibel zu bleiben und Optionen zu haben. Eine Kombination von verschiedenen Strategien bei der Finanzierungen zu wählen, kann Sinn machen. Einen stärkeren Rückgang langfristiger Zinsen sehen wir dann als Opportunität die Zinsen längerfristig zu binden. (Wir haben unseren Kunden bereits 2021 dies empfohlen…)

Wichtig ist aber auch die Wahl des Finanzierungspartners, da im Finanzierungsmarkt strukturelle Änderungen im Gange sind. Manchmal lohnt es sich einen „Beauty Contest“ durchzuführen. Nicht immer bietet die Hausbank die günstigste Finanzierung an. Die Kollegen von Corefinanz leisten bezüglich der Auswahl des geeigneten Finanzierungspartners für KMUs und institutionelle Immobilieneigentümer hervorragende Arbeit. (Der Transparenz halber möchte ich betonen, dass ich seit Frühjahr im Verwaltungsrat der Gesellschaft bin, da ich von der Notwendigkeit guter Beratung bei Finanzierungen überzeugt bin)

Referenzzinssatz: Weiterhin unveränderter Fahrplan

Der Referenzzinssatz dürfte im Dezember trotz der aktuellen Nullrunde der SNB weiter auf 1.75% ansteigen. Wir rechnen (selbst bei gleichbleibenden Zinsen) in 2024 mit einem weiteren Anstieg von 25 Basispunkten, so dass der Referenzzinssatz in zwölf Monaten bei 2.0% liegen dürfte. Zwar dürfte der Anstieg der Zinsen durch Saron-Hypotheken etwas gebremst werden; Die Differenz zu Neuhypotheken (2.4%-2.7%) und dem Durchschnittsatz (1.56%) ist weiterhin signifikant, so dass der Aufwärtsdruck auf den Durchschnittssatz weiterhin da ist. Der Aufwärtsdruck auf Bestandesmieten dürfte daher bleiben.