Endlich wieder konnte sie im gewohnten Rahmen, wie vor Corona, stattfinden: die Exporeal, die grösste und bedeutendste Immobilienkonferenz Europas.
Die Freude, sich wieder zu sehen und auszutauschen war deutlich zu spüren sei das frühere Verbindungen aus den Vor-Corona-Zeit aufzufrischen, sei das nun physisch Partner zu treffen, mit denen wir nur per Zoom oder Teams interagierten. Angesichts der aktuellen Herausforderungen des Kapitalmarktumfelds lässt sich das Credo der meisten Teilnehmer kurz und prägnant zusammenfassen: We are on the sidelines. Die meisten Teilnehmer dürften die Konferenz mit einem vorsichtigen Ausblick verlassen haben.
Macro Real Estate hat bereits Ende 2021 zur Vorsicht geraten (siehe unseren Blogbeitrag von 10. Januar 2022 bei dem wir u.a. Gewinnrealisierung bei Schweizer Immobilienfonds diskutiert haben https://macrorealestate.com/2022/01/10/perspektiven-fuer-schweizer-immobilienanleger-fuer-die-post-corona-zeit/). Für uns kommt diese Eintrübung der Stimmung trotz den allen unvorgesehenen Events, wie dem Ukrainekrieg, nicht überraschend. Die Branche scheint endlich nun in der neuen makroökonomischen und geopolitischen Realität anzukommen. Die geldpolitische Wende ist erfolgt. Auch wenn die Inflation hoffentlich wieder fallen sollte, gehen wir von einem Jahrzehnt aus, das durch eine strukturell höhere Inflation geprägt ist. Die Phase der deflationären Trends, die zwischen 2000-2020 anhielt, ist gemäss unserer Einschätzung passé. Strukturell höhere Zinsniveaus prägen unseren mittelfristigen Ausblick, auch wenn wir ab 2024 auch wieder mit Zinssenkungen rechnen.
Die Richtung der Reise scheint klar zu sein. Nettorenditen für die meisten Core-Immobilienmärkte (einschliesslich der Schweiz) sind gemäss unseren Modellen ca. 75-150 Basispunkte zu tief, falls sich die Zinssätze auf diesen höheren Niveaus mittelfristig halten können. Im Gegensatz dazu ist die Situation in den meisten Immobilienmietmärkten als gesund zu charakterisieren.
Tiefe Leerstände und Flächenknappheit prägen das Geschehen weiter in den Wohn- und Logistikimmobilienmärkten. In diesen zwei Sektoren sehen wir trotz unserer Erwartung einer schweren Rezession in Europa und einer leichten Rezession in den USA weiterhin mittelfristig höhere Marktmieten, auch wenn wir nach Region unterschiedliche Einschätzungen haben. Politische Eingriffe in die Wohnimmobilienmärkte sind nicht zu unterschätzen und dürften sich weiter akzentuieren.
Büro- und Retailimmobilien befinden sich in einer post-Corona Erholungsphase. Flächenvermietungen sind global gemäss unseren Daten in den ersten drei Quartalen signifikant angestiegen. Die Performance von Retailimmobilien hängt sehr stark von Mikrofaktoren ab. Wir bleiben hier weiter vorsichtig und sehen eher eine dead cat bounce angesichts der Herausforderungen, die auf die Budgets der privaten Haushalte zukommen (höhere Inflation, Zins- und Energiekosten).
Der Büromarkt ist zweigeteilt. Wir beobachten insbesondere in Europa und der Schweiz deutlich höhere Neumieten für Neubauprojekte aber gleichzeitig nehmen der Leerstand und die Probleme von Büroflächen minderwertigen Qualität zu. Zudem sind wir der Meinung, dass noch in den Bewertungsmodellen immer noch zu wenig Capex eingepreist wird, will man die gängigen Dekarbonisierungsziele erfüllen.
Wir sind weiterhin bullish auf die Mietmarktentwicklung von „Alternative Real Estate“ ( Hotels, Studentenwohnheime oder Health Care RE). Hier besteht auch für die Kapitalmärkte noch grosses relatives Aufholpotential aufgrund der aktuell geringen Allokation der Investoren. Anleger haben immer noch zuviel Büros international (und zuviel Wohnen in der Schweiz ) und zu wenig alternative Real Estate in ihren Portfolios. Wir erwarten weitere Portfolioumschichtungen in den nächsten Jahren.
Bis und mit Q2 2022 waren die Bewertungen von direkten wie indirekten Immobilienportfolien in der Schweiz, Europa, Asien und USA stabil, die Werte stiegen sogar noch gegenüber Q1 2021 deutlich an. Die Bid-Ask Spreads in den Kapitalmärkten haben sich jedoch stark ausgeweitet. Es gehen im Vergleich mit den Vorjahren deutlich weniger Transaktionen über die Bühne. Wenn sie stattfinden, dann closen sie vorwiegend zu ca. 15%-25% tieferen Werten als noch Anfang Jahr verlangt wurden. Wir sehen Anzeichen, dass der Anstieg der Nettorenditen, der sich im Q2 2022 eher auf die USA beschränkte, nun im Q3 2022 auch in Europa beschleunigte. Dieser Trend dürfte sich im Q4 2022 weiter fortsetzen. Die Schweiz hinkt hinterher. Hier dürften die Anpassungen erst 2023 zum Tragen kommen, da sich auch die Bewerter sehr schwer tun, die Zinswende richtig in die Diskontsätze einzupreisen.
Hinsichtlich des schwierigen Kapitalmarktumfelds ist es nicht überraschend, dass der Grossteil der Investoren aktuell abwartet. Das volatile Zinsumfeld erschwert überhaupt, erwartete IRRs rechnen zu können, da die Zinskosten teilweise grossen Schwankungen unterliegen. Die schönen Finanzierungsspreads von 200 Basispunkten oder mehr zwischen Immobiliennettorenditen und Finanzierungskosten sind bis auf die Ausnahme von Japan ein Relikt aus der jüngsten Vergangenheit.
Dazu kommen externe Faktoren. Wir bekamen in einigen Gesprächen zu hören, dass der „Denominator Effect“ ein wichtiger Faktor sei, insbesondere bei Pensionskassen. Aufgrund der hohen Verluste auf ihren Anleihen- und Aktienportfolios (im UK mussten sie sogar von der Bank of England gerettet werden) sind nun die Immobilienquoten angestiegen. Aktuell bestimmen viele internationale Immobilieninvestoren die Investitionsbudgets für das nächste Jahr. Es ist zu erwarten, dass die Neugelder für die Anlage in den Immobilienmärkten für nächstes Jahr geringer werden. Redemptions bei Vehikeln mit offenen Strukturen sind zu erwarten, nachdem die kotierten Immobilienmärkte deutlich korrigiert haben. Dies wird jedoch nach Produkt, Land oder Sektor stark varieren.
Wir erwarten dementsprechend für die nächsten Quartale substantielle Korrekturen der Bewertungen sei das im Ausland oder auch zu einem Teil in der Schweiz.
Solche Korrekturen sind zwar noch nicht erfolgt. Smarte Investoren machen sich bereits heute Gedanken, was zu tun ist, wenn die Abwertungen und Firesales Tatsache werden. Direkten Anlegern schadet es nicht, eine gefüllte Kriegskasse bereitzuhalten, um auf Distress reagieren zu können. Value Added oder opportunistische Fonds dürften am agilsten sein in einer solchen Phase, oder Core Fonds die erst jetzt lanciert werden. Für eine Fondsauswahl besteht aktuell keine Eile. Aber man sollte das aktuelle Umfeld nutzen, um eine klare Strategie zu definieren, wie man nächstes Jahr vorgehen wird. Unsere Erfahrung ist, dass man solche Phasen geringerer Kapitalmarkt- und Investitionsaktivität für Analyse und Strategiefindung nutzen soll. Das letztere kostet Zeit. So ist man anderen Anlegern voraus, die erst spät und teilweise panikartig auf ein neues Umfeld reagieren.
Selektivät gewinnt an Bedeutung. Die höheren Zinskosten bedeuten auch, dass die Fähigkeiten der Investment Manager wichtiger werden. Zu viele Mitläufer haben in den letzten Jahren nur vom Rückenwind der tieferen Diskontsätze und den positiven Finanzierungssspreads profitiert. Wir erwarten nun, dass die relative Performance zwischen guten und schlechten Managers deutlich akzentuieren wird. You soon know who is swimming naked
Macro Real Estate kann aufgrund der extensiven Erfahrung während der Finanzkrise mit Distressed Real Estate Assets in den USA, UK, Japan und Südeuropa helfen, in einer schwieriger werdenden Phase hoffentlich die richtigen Kapitalallokationsentscheidungen zu treffen. Wir bleiben am Ball.
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