Wir haben uns bewusst etwas Zeit gelassen, einen neuen Kommentar zu verfassen. Aber besonders in solchen schwierigen Zeiten, wie seit der russischen Invasion in der Ukraine, ist es die Aufgabe von Macro Real Estate die Auswirkungen von makroökonomischen Veränderungen auf die internationalen Immobilienmärkte zu analysieren und Chancen und Risiken zu identifizieren. Auch wird eben in solchen unsicheren Zeiten den Investoren im stärkeren Masse bewusst, dass sich sie nicht nur in Immobilien-Mikrokosmos bewegen, sondern makroökonomische Auswirkungen eine grundlegende Bedeutung für den Anlageerfolg haben.
Hier möchten wir in erster Linie Inflations- und Zinsbewegungen näher erleuchten, bevor wir dann im nächsten Beitrag dann auch auf die Implikationen auf die Immobilienmärkte diskutieren.
Anhaltend hoher Inflationsdruck in den USA und Europa
Wie unsere Leser und vor allem unsere Kunden wissen, haben wir bereits sehr früh letztes Jahr nicht nur kurzfristig eine höhere Inflation erwartet, sondern sahen (und sehen weiterhin) eine höhere strukturelle Inflation über die nächsten zehn Jahre.
Grössere Inflationsschübe kommen in der Regel in Wellen. Die erste globale Inflationswelle, die im Q2 2021 an Fahrt gewann, war einerseits die Folge der exzessiven Fiskalpakete insbesondere in den USA während der Coronazeit, die den Konsum von Gütern in die Höhe trieb. Andererseits war sie auch die Folge von Unterbrüchen der globalisierten Wertschöpfungsketten, die dazu führten, dass Produzenten auf den höheren Konsum nicht unmittelbar reagieren konnten. Wir sind aber davon ausgegangen, dass sich die Inflation anfängt, in Q2 2022 zurückzubilden aufgrund der Fiskalklippe in den USA und der erwarteten globalen konjunkturellen Abkühlung. Mit der erwarteten Anpassung auf des Güterangebots in 2023 sind wir davon ausgegangen, dass die Inflation weiter zurückfällt. Wir hatten mit der zweiten Inflationswelle frühestens 2024 gerechnet. Diese scheint sich nun bereits 2022 als Auswirkungen des Ukrainekrieges zu manifestieren, bevor die erste Welle richtig abgeebbt ist. Somit haben wir gegen zwei überlagernden Wellen anzuschwimmen.
Der Inflationsdruck ist aber nicht nur dem Krieg geschuldet. Sie war aber auch bereits vor der russischen Invasion in der Ukraine stärker als erwartet. Mit dem Ukrainekrieg haben sich die Risiken, dass sich der Aufwärtsdruck auf die Konsumentenpreise nicht wie erwartet zurückbildet, noch deutlich erhöht. Dies ist in der starken Rolle von Russland und Ukraine in der Produktion verschiedener Rohstoffe (Erdöl, Erdgas) oder Lebensmittel (Ukraine gilt als Kornkammer Europas) begründet.
Abbildung I zeigt die Entwicklung der Öl- und Lebensmittelpreise, die beide im rasanten Anstieg befinden. Solche Anstiege der Lebensmittelpreise waren in der Vergangenheit auch stets von politischen Unruhen begleitet und dürften auch noch einige bis jetzt nicht vorhersehbare Risiken bringen.
Abbildung 1: Lebensmittel- und Ölpreise
Quelle: Bloomberg, Macro Real Estate
Finanzmärkte erwarten Inflation über 3% p.a. für 5 Jahre
Auch die Finanzmärkte preisen nun mittelfristig eine höhere Inflation ein. Abbildung 2 illustriert die 5-jährigen Inflationserwartungen basierend auf «Zero Coupon Inflationsswaps». Wir blicken auf einen sehr starken Anstieg in den letzten Monaten zurück. Insbesondere fällt auch auf, dass im Euroraum, wo seit der Eurokrise signifikant tiefere Inflationserwartungen herrschten als in den USA, nun eine ähnlich hohe Inflation wie in den USA eingepreist wird. Die massiv höhere erwartete Inflation in UK, ist nur partiell höheren Inflationserwartungen gegenüber dem Kontinent geschuldet. Sie ist auch eine Folge davon, dass hier die Kontrakte an den Retail Price Index und nicht Konsumentenpreisindex gekoppelt sind, und dieser aufgrund unterschiedlicherer Komponenten stärker ausschlägt.
Abbildung 2: Inflationserwartungen aus Finanzkontrakten (5-Jahreshorizont) in %
Quelle: Bloomberg, Macro Real Estate
Die Inflationsüberraschungen haben schon fast eine panikartige Reaktion beim US FED ausgelöst, zumindest was die Kommunikation betrifft. Sie haben seit Jahresanfang klare Zinserhöhungen in Aussicht gestellt, auch eine Serie von Zinserhöhungen von jeweils 50 Basispunkte pro Meeting haben sie nicht ausgeschlossen, nachdem sie letztes Jahr die Inflationsgefahr massiv unterschätzt haben.
Die europäischen Zentralbanken waren bislang nicht so deutlich, aber auch die EZB hat ihre Haltung geändert. Dies hat dazu geführt, dass die Geldmarktfutures sehr deutliche Zinserhöhungen einpreisen. In Abbildung 3 haben wir die erwarteten Zinserhöhungen zusammengefasst. Für das FED wird erwartet, dass die Leitzinsen Ende 2022 bei 2.5% (dh fast 2.5% an Zinserhöhungen) stehen und nächstes Jahr noch weitere 50 Bps an Erhöhungen machen. Für UK wird ein ähnlicher Pfad erwartet. Interessant ist, dass für die Eurozone für dieses Jahr bereits drei und für die SNB zwei Zinserhöhungen von jeweils 25 Bps bereits voll eingepreist sind.
Grundsätzlich muss man aber beachten, dass die Futures Märkte schnell auch wieder Zinserhöhungen auspreisen können. Aber dennoch ist es bemerkenswert, welche bedeutende Zinserhöhungen für die nächsten 20 Monate eingepreist werden.
Abbildung 3: Erwartungen zu Leitzinsveränderungen
Quelle: Bloomberg, Macro Real Estate
Höhere Swapsätze haben bereits heute Einfluss auf Immobilienfinanzierungen
Auch wenn nicht alle Zinserhöhungen kommen, so haben sie unmittelbar Einfluss auf die Swapsätze, die für aktuelle Finanzierungen verwendet werden. Swapsätze haben einen Einfluss auf die Immobilienfinanzierungen, da Hypothekarsätze sich als Spread auf die Swapsätze berechnen. Abbildung 4 illustriert den bereits deutlichen Anstieg der 5-jährigen Swapsätze. In den USA sind sie bereits über 2.5% geklettert. Dies bringt Zinsen für Hypothekarfinanzierungen je nach Spread in den Bereich von 4%-5% p.a.. In der Eurozone und Schweiz sind die Swapsätze von Niveau her tiefer aber sind seit ihrem Tiefpunkt um 150 Basispunkte angestiegen. Dies bedeutet, dass die höheren Zinserwartungen bereits jetzt einen Effekt auf Finanzierungskontrakte ausüben. Kommen dann tatsächlich auch solche bedeutende Zinserhöhungen wird dies auch Einfluss auf die Kapitalisierung- und Diskontsätze von Immobilien haben. Gemäss unseren Gesprächen rechnen immer noch zu wenige Marktteilnehmer im Immobilienbereich n überhaupt mit Zinserhöhungen in EUR und CHF. Wie schon zu Jahresbeginn beschrieben dürfte dies einige Investoren und Entwickler auf dem falschen Fuss erwischen.
Die Unsicherheiten bleiben weiterhin enorm hoch. Die grosse Frage ist, ob der Markt aktuell übertreibt oder solche Zinserhöhungen tatsächlich auch kommen. Bereits lässt sich zusammenfassen, dass in den Zins- und Inflationserwartungen historische Extrembewegungen stattgefunden haben. Angesichts der hohen Schulden in vielen Volkswirtschaften und anderen nicht-beabsichtigen ökonomischen Nebenwirkungen bergen solche Bewegungen auch Risiken der Verwerfungen auf den Finanzmärkten und für die wirtschaftliche Entwicklung. Im kommenden Beitrag werden wir wir unsere Gedanken zu den daraus folgernden Implikationen auf die Immobilienmärkte näher schildern.
Abbildung 4: 5-Jahresswapsätze in % für verschiedene Währungen
Quelle: Bloomberg, Macro Real Estate
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