Überhitzte Agios auf Fondsebene und japanische Zustände aus den 80er Jahren im Direktmarkt prägen das aktuelle Bild für Neuanlagen in Schweizer Wohnimmobilien. Aufgrund eines veränderten globalen makroökonomischen Umfelds sehen wir akuten Handlungsbedarf. Die Analyse des Immobilienportfeuilles auf Anfälligkeiten und eine stärkere Ausrichtung auf Nettoertragswachstum ist vorzunehmen. Dies kann vielleicht mehr «kommerzielle» oder «Value Added» Investitionen in der Schweiz bedeuten. Die weiterhin tiefen Auslandsimmobilienquoten von Schweizer Anlegern sind ein unausgeschöpftes Potential, da hier solche Opportunitäten in grösserer Zahl zu finden sind.

Japan in den späten 1980er Jahren weckt keine guten Erinnerungen bei Immobilieninvestoren. Der Rückgang der Nettorenditen auf unter 1.5% für zentralen Prime-Büroanlagen markierte damals den Höhepunkt «der Mutter aller Immobilienblasen». Ein verlorenes Jahrzehnt folgte. 1998 standen die Nettorenditen im Tokioer Büromarkt wieder über 5%. Dies bedeute rein aufgrund der Veränderung der Kapitalisierungssätze einen Bewertungsverlust von über 70%.
Bis vor kurzem waren seitdem in keinem Immobilienmarkt weltweit solche tiefe Renditeniveaus mehr zu finden. Für Wohnimmobilien an zentralen Lagen in Zürich sind Investoren heute jedoch bereit, Preise, die Nettoanfangsrenditen unter 1.3% entsprechen, zu bezahlen; So gross ist die Verzweiflung, passende Renditeobjekte zu finden.
Auf dem Markt für indirekte Schweizer Immobilienanlagen herrscht auch ein Gedränge. Das gewichtete Agio für den Schweizer Immobilienfondsindex betrug Ende 2021 42.5% (Quelle: Berechnungen CSAM). Wohnimmobilienfonds werden sogar zu Agios über 50% gehandelt, d.h. Investoren sind bereit 50% mehr als die letzte zugrundeliegenden Bewertung des Portfeuilles zu bezahlen.

Agios sind mit den Zinsniveaus korreliert

Die historischen Zeitreihen, die vom analytischen sehr guten RE Business Development Team des CSAM aufbereitet werden, und bis in die frühen 90er Jahre zurückreichen, zeigen, dass die Agios stark mit den Zinsniveaus korrelieren. Zwischen 1990-1993 handelten Schweizer Immobilienfonds im Durchschnitt vorwiegend im Disagio, die Zinsen für 10jährigen Staatsanleihen lagen damals auch zwischen 5%- 8%.
In folgender Tabelle haben wir einige Kennzahlen zusammengefasst. Trotz des Anstiegs der langfristigen Zinsen über die letzten Quartale sind die Agios jedoch weiter angestiegen.
Die grundlegende Frage für den Investor ist, in welche Richtung die Reise geht. Würde aber nur eine leichte Normalisierung der Renditen von 10jährigen Staatsanleihen auf 1% stattfinden, so gehen wir davon aus, dass die durchschnittlichen Agios um über 20% fallen müssten.

Tabelle 1: Agios bei Schweizer Immobilienfonds und Zinsen

Quelle: CSAM, Macro Real Estate

2020er Jahre: Global strukturell höhere Inflation könnte Zinswende bringen

Retrospektiv hat es sich für Schweizer Anleger allerdings gelohnt, auf den Schweizer Immobilienmarkt zu setzen. Bei Schweizer Immobilienfonds wurden seit Q1 2002 eine Gesamtrendite von 6.5% pro Jahr erzielt bei einer annualisierten Volatilität von 5.9%. Schweizer Immobilienanlagestiftungen (NAV basierte Vehikel) wiesen in der gleichen Periode eine noch bessere Risikokompensation auf. Die Rendite lag bei 5.1% p.a. bei einer Schwankung von lediglich 0.7% pro Jahr. Dies sind sehr robuste Resultate über einen langen Zeitraum von 20 Jahren.

Die weitere Zuversicht bei Schweizer insbesondere Wohnimmobilienanlagen stützt sich daher einerseits auf der Wertstabilität aus der Vergangenheit. Anderseits preist der Markt implizit bei solchen Agios weiterhin ein, dass es auf absehbare Zeit keine Zinswende in der Schweiz und somit auch in der Eurozone geben wird. Der indirekte Immobilienmarkt geht damit noch weiter als der Fixed Income Markt, der in den vergangenen zwölf Monaten eine Aufwärtsbewegung der 10jährigen Zinsen um mehr als 50 Basispunkte gesehen hat. Wenn man den Markt heute bei solchen Agioniveaus kauft, stimmt man daher implizit der Aussage zu, dass sich das globale Inflationsumfeld für die nächsten Jahre nicht signifikant von den letzten 15 Jahren unterscheiden wird. Wie realistisch ist aber eine solche Annahme?

Wie Abbildung 1 zeigt, ist die Inflation in der Schweiz weiterhin verhalten, auch wenn sie den höchsten Stand seit 2010 erreicht hat. In Deutschland und US beobachtete man im 2. Halbjahr 2021 einen starken Anstieg, so dass sogar die US Zentralbank sie nicht mehr als «transitory» betrachtet und der US Markt bereits 75bps an Zinserhöhungen für 2022 erwartet.

Abbildung 1: Inflation und Zinsentwicklung

Quelle: Macro Real Estate, Bloomberg

Macro Real Estate geht davon aus, dass der Inflationsdruck in 2022 und insbesondere in 2023 etwas zurückweichen wird, da die Firmen auf die coronabedingten Lieferverzögerungen reagieren werden und Fiskalimpulse aus den USA nicht mehr so stark werden. Aber sie dürfte über die nächsten Jahre in den meisten Industrieländer deutlich über 2% bleiben. Abgesehen von den Corona Auswirkungen sehen wir, dass die globalen deflationären Kräfte, die in den letzten zwei Jahrzehnten ein wichtiger Treiber der starken Immobilienperformance war, über stetig abgesenkte Diskontierungssätze eher strukturellen inflationären Trends weichen wird (siehe Abbildung 2, für Macro Real Estate Kunden steht ein umfassendes analytische Folienpack zur Verfügung).

Abbildung 2: Änderungen der globalen Inflationstreiber ggü Disinflationsphase 2001-2019

Quelle: Macro Real Estate

Die geringe Staatsverschuldung und Safe Haven Funktion der Schweiz bringt mit sich, dass der Inflationsdruck in der Schweiz geringer sein wird als in der EU oder USA. Aber ein Ende des SNB Negativzinses hängt aber auch vom Zinsniveau in der Eurozone ab. Zwar dürfte die EZB weiter eine Normalisierung aus politischen Gründen zu verzögern suchen. Bleibt die Inflation für längere Zeit über dem Inflationsziel, wird die EZB Zinserhöhungen vornehmen müssen. Die SNB wird gerne mitziehen, da sie den Negativzins nur widerwillig eingeführt hat als Abwehrstrategie gegen die übermässig lockere EZB Geldpolitik.

Ausrichtung des Portfolios auf Nettoertragswachstumspotential

Was sollte aber der Immobilienanleger nun tun, insbesondere wenn es um die Anlage von Neugeldern handelt, die jetzt im Markt platziert werden sollten. Business as usual, d.h. die Anlage des Kapitals direkt oder indirekt mit einem überwiegenden Anteil in Schweizer Core Wohnimmobilien- Renditeliegenschaften, scheint uns aufgrund der stark gesunkenen Renditen auch dann keine gute Strategie, wenn man davon ausgeht, dass die aktuellen Inflationsraten nur «transitory» sind. Materialisiert sich jedoch über die nächsten Jahre ein Makro-umfeld nur annähernd in der Richtung, wie von Macro Real Estate antizipiert, so besteht akuter Handlungsbedarf.
In einem Umfeld sehr tiefen Nettorenditen, Bewertungs- und Inflationsrisiken gilt es sicherzustellen, dass das Portfolio als Ganzes auch in der Lage ist ein Wachstum der Nettoerträge generieren können. Denn dies dürfte notwendig sein, um höhere Diskontierungssätze abzufedern.

Analyse des bestehenden Portfolios auf «Anfälligkeiten»

Zuerst gilt es Klarheit zu verschaffen, welche Faktoren überhaupt für die Performance in der Vergangenheit verantwortlich waren. Rein einen Überblick über Exposures zu Segmente, Regionen oder Anlagestil (Core, Value Add) reichen dazu nicht aus. Wichtig ist zu erkennen, was die Treiber der Performance waren. Passive Beiträge wie Agioaufbau und sinkende Diskontsätze sind aktiven Beiträgen, wie Ertragswachstum und Alpha des Managers gegenüberzustellen.
Waren nämlich in den vergangenen Jahren rein sinkende Diskontsätze der grösste Treiber der Renditen, dann wird sich höchstwahrscheinlich dieser Faktor in naher Zukunft gegen den Anleger wenden.
Dann gilt es zu ergründen, ob das Exposure in der Lage ist, auch in den kommenden Jahren Ertragswachstum zu generieren und wie stark es gegenüber Bewertungsrisiken exponiert ist. Ein Wohnportfolio an zentraler Lage mit Bestandesmieten wird trotz der hohen Stabilität der Mieten wohl gegenüber kommerziellen Anlagen, bei denen eine Indexierung der Mieten besteht, deutlich underperformen, da die Kopplung der Bestandesmieten an den gewichteten Hypothekarsatz eine Inflation nur verzögert zulässt. Anders gesagt ein Immobilienportfeuille mit fixen Cash Flows bietet keinen Inflationsschutz und wird in einem Umfeld höher Zinsen leiden.
Eine weitere Frage ist auch, wie das Portfolio auf strukturelle gesellschaftliche Veränderungen ausgerichtet ist. Ein Portfolio älterer Büroliegenschaften oder Handelsimmobilien dürfte auch schlechter gegenüber modernen Büroexposures oder Logistikstandorten entwickeln, um nur ein Beispiel zu nennen.

Diszipliniert Neuinvestitionen und Umschichtungen vornehmen: Ziel Nettoertragswachstum

Bietet das bestehende Portfolio nicht die gewünschte Resilienz und Nettoertragspotential, muss über Verkäufe in die aktuelle Stärke des Marktes nachgedacht werden. Auch muss kritisch über den Investitionsstil (Core, Value Added, Opportunistisch) nachgedacht werden. Aus unserer Einschätzung können Value Added und opportunistische Strategien in einem höheren Inflationsszenario das Risikoprofil eines Portfolios sogar senken, da hier das Zinsrisiko geringer wird als bei Core Immobilien.
Neuanlagen sind daher konsequent und diszipliniert vorzunehmen. Dies muss unabhängig der Landesgrenzen oder Segment geschehen und ist portfolioabhängig. D.h. es kann dazu führen, dass die Quote von kommerziellen Liegenschaften oder Entwicklungsprojekten in der Schweiz zu erhöhen ist

Tiefe Auslandsimmobilienquoten als unausgeschöpftes Potential erkennen

Gemäss unserer Einschätzung befinden sich die meisten solcher Opportunitäten für deutlich höheres Nettoertragswachstum ausserhalb der Schweizer Landesgrenzen. Auch wenn einige Investoren die internationale Diversifikation etwas in Angriff genommen haben, so ist unsere Beobachtung, dass der grösste Teil der institutionellen Anleger sich mit dem Thema Auslandsimmobilien schwertut. Wir erkennen dies als unausgeschöpftes Potential.
Allerdings ist auch bei Auslandsimmobilieninvestitionen gezielt vorzugehen. Ein Core Immobilienfonds, der nur vorwiegend in Legacy Büro und Handelsimmobilien investiert und eine Dividendenrendite von nur 2.9% (Durchschnitt INREV Core Index) in EUR bietet, wird nach Abzug der FX-Hedging Kosten wohl nicht den gewünschten Mehrwert zu Schweizer Immobilienfonds bringen. Auch bestehen bei einigen Corefonds latente Abwertungsrisiken aufgrund ihrer «Legacy-Assets in Büro oder Handelsimmobilien.
Investitionen in Fonds, die von zukünftigen strukturellen Trends profitieren, bringen dagegen Mehrwert. Macro Real Estate beobachtet in einigen Märkten in den USA und Europa starkes Potential für steigende Nettoerträge. US und Europäische Life Science Immobilien, Senior Living, Medical Offices in der EU, Student Housing und Last Mile Logistik oder Büromarkt in Singapur sind nur einige unserer «High Conviction Calls». Wir empfehlen deshalb eine research- und themenbasierte Auswahl an Vehikeln vorzunehmen, das auf das bestehende Schweizer Portfolio abgestimmt ist.

Welche Rolle Macro Real Estate spielen kann

Internationale Immobilienexpertise ist eine grundlegende Voraussetzung für die Auswahl von Immobilienfonds in Europa, USA und Asien oder auch wenn Investoren über JVs direkt mit Partner in Projekte im Ausland investieren.
Macro Real Estate wurde mit dem Ziel gegründet, Investoren und Investment Manager zu unterstützen, die intern nicht die gewünschte Expertise aufweisen. Von Strategieworkshops, Marktupdates, Portfolioanalysen bis zu Fondsselektion, DD institutioneller Qualität, Onboarding können wir aufgrund unserer langjährigen Erfahrung, Partnern helfen, das nicht immer so leicht überschaubare Schweizer und internationale Investmentuniversum zu meistern.
Wie unser Name schon sagt, können wir die unsere Empfehlungen basierend auf unseren pointierten makroökonomischen und internationalen Immobilienmarktviews vornehmen, oder auf House Views der Kunden oder Konsensuserwartungen leicht und flexibel anpassen.

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